Windkraftanlagen: warum jetzt alte Anlagen verschrottet werden und wie es auf der Neutscher Höhe aussieht

Auf der Neutscher Höhe zwischen Ober-Beerbach und Neutsch drehen sich seit Mitte der neunziger Jahre drei Windräder vom Typ Tacke TW 600.
Ende 2020 sollen insgesamt etwa 6000 Anlagen der alten Generation stillgelegt werden. Ihr Betrieb ist nicht mehr rentabel, zum einen entfallen die bisher garantierten Abnahmepreise, zum anderen sind die Altanlagen bei weitem nicht so effizient wie moderne Anlagen und müßten den aktuellen gesetzlichen Vorgaben entsprechend teuer aufgerüstet werden.

Die Neutscher Alträder wurden durch die Odenwaldwind Gesellschaft für regenerative Energie (Neutscher Betreibergemeinschaft aus 38 Teilhabern, odenwaldwind.de) erbaut. Seit 2011 sind zwei wesentlich größere und leistungsfähigere Anlagen des Typs Repower MM92/2,0MW ans Netz gegangen. Eines der neu erbauten wurde durch ESM in Heppenheim erbaut, dessen Geschäftsführer Franz Mitsch 1994 die ersten Anlagen initiiert hatte. Das zweite neue Rad errichtete die Energiegenossenschaft Starkenburg (www.energiestark.de) mit 640 Mitgliedern. Unter dem Motto "Wer auf ein Windrad schaut, der soll auch den Nutzen haben" erzeugt diese Bürgergenossenschaft im ersten Quartal 2020 ein Plus von 49% bei Sonne, Wind und Biomasse.

Mit fünf Windkraftanlagen wird hier bei meist hervorragenden Windverhältnissen Strom für 2850 Haushalte erzeugt, das sind mehr als ganz Modautal hat.
In einem Mail-Gespräch mit dem Neutscher Betreiber von Odenwaldwind, Herrn Manfred Conrad, erfuhren wir:

unsere Windkraftanlagen auf der Neutscher Höhe werden nicht stillgelegt, sondern weiterbetrieben. Sie sollen uns weiterhin, wie auch in den vergangenen 26 Jahren, saubere Energie ins Stromnetz liefern.

Zur Rentabilität der drei Alträder ab Januar 2021 schreibt Herr Conrad:

Wie sich das ab 2021 gestalten wird ist noch nicht genau absehbar. Auf jeden Fall war der Presse zu entnehmen, dass unsere Regierung da etwas nachsteuern wird.
Technische Veränderungen oder neue Messeinrichtungen werden nicht benötigt. Wir wollen die Anlagen auf jeden Fall so lange wie möglich weiterbetreiben, auch wenn wir kleinere Verluste hinnehmen müssen.

Mehr zum Thema: Es gibt einige pfiffige Ideen...

Ausgediente Windkraftanlagen müssen entweder recycelt oder verschrottet werden. Das Verschrotten ist problematisch, denn zum einen fallen ab Januar 2021 gewaltige Mengen an Altteilen an, zum anderen sind die Rotorblätter sind Sondermüll. Diese bestehen aus faserverstärkten Kunststoffen, beim Zerlegen entstehen lungengängige Stäube und das Verbundmaterial kann Verbrennungsanlagen stören und blockieren. Inzwischen weigern sich zahlreiche Spezialfirmen, diese Teile anzunehmen. Recycling im Sinne von Wiederverwerten ist ebenfalls problematisch, denn das Recyclat hat wesentlich schlechtere Eigenschaften. In der Baubranche werden recycelte Baustoffe nicht gern verwendet.

Das Umweltbundesamt (UBA) rechnet laut aktueller Studie mit mehr als vier Millionen Tonnen Windenergieanlagen-Schrott, der allein im Jahr 2021 anfällt.

Die Lösung des Problems ist der Export der ausgedienten Windräder: sie sind für Abnehmer im Ausland, vor allem in Afrika, Südamerika und Asien viel günstiger als Neuanlagen. Deutsche Anlagen sind durchgehend gewartet und können leicht an lokale Netze angeschlossen werden. Somit entsteht eine Win-Win-Situation, denn ins Ausland verkaufte Anlagen fallen in Deutschland nicht zur kostenintensiven Verschrottung an.
Auf dem Internetportal für gebrauchte Windkraftanlagen wind-turbine.com können Betreiber, die vor dem Ablauf ihrer Anlage stehen, sich informieren. Das Portal arbeitet mit 190 Ländern zusammen.

Eine zweite Lösung ist die Zweitverwendung in Beton. Alte GFK-Rotorblätter werden geschreddert und zu Fluff verarbeitet, der an Zementwerke verkauft wird. Jedoch muß hierfür die Akzeptanz in der Baubranche noch wachsen.

2014 besuchte Wirtschaftsminister Al-Wazir die neutscher Höhe - Bericht siehe hier: https://www.energiestark.de/wirtschaftsminister-al-wazir-besucht-windpark-neutscher-hoehe-vorbildliche-beteiligung-der-buerger-an-der-energiewende/

EEG-Novelle 2021 - Erläuterungen hier: https://www.deutschlandfunk.de/eeg-novelle-2021-was-bringt-die-reform-des-erneuerbare.2897.de.html?dram:article_id=487868

und hier: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2020/09/20200923-altmaier-eeg-novelle-2021-klares-zukunftssignal-fuer-mehr-klimaschutz-und-mehr-erneuerbare.html

http://www.3pep.de/projekte/windpark-neutscher-hoehe/